Interview

Im Interview mit Simone Münsterer, Rewe Group

Frau Münsterer, beschreiben Sie doch bitte kurz Ihr Aufgabengebiet bei der REWE Süd.

Ich bin Agrarökonomin und bei der REWE Süd als Lokalitätsbeauftragte im Bereich Category Management gemeinsam mit vier Kolleg:innen für Lokalität und Regionalität zuständig. Unsere Aufgabe ist es, unseren Kund:innen in all unseren REWE Märkten ein möglichst breites lokales und regionales Sortiment anbieten zu können. Unser Tagesgeschäft ist es, die bestehenden lokalen Erzeuger:innen und Lieferant:innen zu betreuen sowie neue zu akquirieren. Zudem unterstützen wir unsere Märkte in der Umsetzung regionaler Konzepte im Markt.

Regionale Lebensmittel erfahren aktuell einen großen Boom. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Welche Gründe könnte es dafür geben?

Die regionale Produktion und Landwirtschaft werden dem Verbraucher immer wichtiger und bewusster. Laut Verbraucher-Umfragen steht Regionalität für Frische, Nachhaltigkeit sowie für eine umweltfreundliche Produktion und die Unterstützung einer tierwohlgerechten Landwirtschaft in der Region. Das zeigt, dass sich viele Themen unter dem Bereich Regionalität wiederfinden. Verbraucher:innen hinterfragen kritischer, wo die Lebensmittel herkommen. Und gerade regionale Produkte stellen für sie auch hochwertige Produkte dar, stiften Identifikation und bilden Vertrauen. Das sind sicher Gründe, warum die Verbaucher:innen in unserer zunehmend globalisierten Welt wieder mehr zu regionalen Produkten greifen.

Wie schätzen Sie die Langlebigkeit dieses Trends ein? Hat der Bestand oder gehen wir vielleicht in wenigen Jahren wieder zurück zu dem, wo wir vorher waren?

Für viele Themen, die uns momentan in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft beschäftigen, liegen die Antworten oft in der Regionalisierung der Wertschöpfungsketten, und das nicht nur in der Ernährungsbranche. Von daher bin ich davon überzeugt, dass dieser Trend eher noch zunehmen wird.

Regional? Bio? Ist das eigentlich dasselbe oder gibt es hier Unterschiede?

Bioprodukte sind Produkte, die nach den Richtlinien für ökologisch erzeugte Lebensmittel hergestellt wurden. Regionalität ist kein Kriterium für ein Bioprodukt. Natürlich gibt es auch regionale Bioprodukte. Wir betreuen im Bereich Regionalität/Lokalität sowohl konventionelle als auch ökologisch landwirtschaftende Betriebe aus der Region.

Welche Kriterien müssen Lebensmittel erfüllen, um als »regional« bezeichnet werden zu können?

Hierbei spielt die Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette eine wichtige Rolle. Im besten Fall hat diese komplett in Bayern stattgefunden. Regionalität heißt für uns im weitesten Sinn, dass es sich um ein bayerisches Produkt handelt.

Erzeuger:innen, die im Liefergebiet von maximal 50 Kilometer Umkreis eines REWE Markts liegen, werden als lokale Lieferanten bezeichnet. Hierdurch wird das regionale Sortiment je nach Region noch individueller und spezifischer.

Wichtig sind in diesem Zusammenhang die beiden bayerischen, staatlich geprüften Siegel „Geprüfte Qualität Bayern“ und das „Bayerische Biosiegel“. „Geprüfte Qualität Bayern“ zeichnet Produkte aus, die alle Schritte der Wertschöpfungskette komplett in Bayern durchlaufen haben. Das „Bayerische Biosiegel“ zeichnet ebenfalls die bayerische Herkunft aus. Es ist bei uns keine Voraussetzung, diese Siegel zu haben, wenn man bei uns Lieferant werden möchte. Wir setzen jedoch gerade im regionalen Bereich und bei größeren Lieferanten auf dieses Siegel, um hier für mehr Transparenz zu sorgen.

Auch die Rewe Group setzt immer mehr auf Regionalität. Wie hoch ist der Anteil der regionalen Lebensmittel in eurem Gesamtsortiment?

Die Anteile an regionalen Lebensmitteln unterscheiden sich je nach Warengruppe. Wir haben einen sehr hohen Anteil im Fleischbereich, wo wir sehr auf bayerische Ware setzen. Auch bei den Warengruppen Gemüse und Eiern haben wir eine Vielzahl an regionalen und lokalen Lieferant:innen, deren Produkte je nach Saison und Markt über 50 Prozent des Sortiments ausmachen. In den anderen Warengruppen ist der Anteil langsam, aber sicher steigend.

Wie erfolgt hier die Vermarktung der Produkte? Gibt es gewisse Dinge, die beachtet werden müssen oder anders sind im Vergleich zum restlichen Sortiment?

Die Auslieferung der lokalen Produkte erfolgt über das sogenannte Streckengeschäft. Das bedeutet, die Lieferant:innen liefert ihre Ware selbst direkt an die einzelnen REWE Märkte aus. Hierdurch sind der direkte Austausch und Kontakt zwischen Lieferant:innen und Marktchef gegeben. Oftmals räumt der Lieferant seine Ware auch selbst ins Regal ein und kümmert sich um die Platzierung von Werbematerial. Die Kennzeichnung als regionale Produkte ist ein wichtiger Achtungspunkt, um den Verbraucher:innen eine Hilfestellung bei der Suche nach regionalen Produkten zu geben.

Wie viele regionale Erzeuger:innen arbeiten aktuell mit euch zusammen? Welche Produkte bieten sie an?

Wir betreuen bei uns um die 350 Lieferant:innen in allen Warengruppen von Fleisch über Obst und Gemüse bis hin zum Trockensortiment und Getränken. Je nach Region gibt es unterschiedliche Spezialitäten, sodass sich das lokale Sortiment in jedem Markt unterscheidet. Außerdem pflegen unsere selbstständigen Kaufleute auch sogenannte Lokal-Partnerschaften mit lokalen Erzeugern. Diese beliefern dann die Kaufleute-Märkte quasi exklusiv. Damit ist eine große Vielfalt an regionalen und lokalen Erzeugnissen in unseren Märkten gegeben.

Wenn ich als regionale:r Erzeuger:in mit Rewe zusammenarbeiten möchte, wie läuft das ab? Kann jede:r mit euch kooperieren?

Grundsätzlich kann jede:r auf uns zukommen und anfragen, der gerne Produkte über den Lebensmitteleinzelhandel vermarkten möchte. Die Lieferant:innen können direkt mit uns in der Zentrale Kontakt aufnehmen, viele gehen auch in „ihren“ REWE-Markt vor Ort und fragen, ob hier Bedarf ist. Im Umkehrschluss sind wir und unsere Kaufleute immer auf der Suche nach Lieferant:innen, um noch fehlendes Sortiment zu ergänzen und nehmen auch direkt Kontakt mit potentielle Erzeuger:innen auf. Wir haben dabei gewisse Auswahlkriterien.  Neben einer transparenten, möglichst kurzen regionalen Wertschöpfungskette müssen auch gewisse Zertifizierungsanforderungen je nach Warengruppe erfüllt sein. An dieser Stelle stehen wir kleineren Erzeuger:innen immer gerne beratend zur Seite. Am Ende müssen Angebot und Nachfrage natürlich zusammenpassen. Das heißt, es müssen in der jeweiligen Region genügend REWE Märkte vorhanden sein, die Interesse an der Aufnahme der jeweiligen Lieferant:innen haben.

Unterstützt Rewe die Direkterzeuger:innen dann auch bei der Vermarktung? Wie und wo werden die Produkte platziert?

Jeder REWE Markt hat einen fest definierten Platz für lokale Produkte aus der Region. Dieser Platz ist in jedem Markt individuell gestaltet in Form eines Regionalitätsmöbels, einer regionalen Ecke oder einer Godelkopfplatzierung. Wir Lokalitätsbeauftragte unterstützen unsere Lieferant:innen bei der Marktakquise und beim Einstieg in den Vertrieb. Es ist auch immer wichtig, den Kund:innen die Geschichte hinter dem Produkt zu zeigen. Aus diesem Grund erstellen wir für jeden Lieferanten individuelles Werbematerial, das im Markt zum Beispiel am Regionalitätsregal oder im Eingangsbereich auf einer Erzeugertafel angebracht wird.

Vielen Dank für das spannende Interview!

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